Der Querdenker – Zinsanstieg ante portas?

Heinz Hofstaetter
14. Oktober 2016
Vor kurzer Zeit haben wir an dieser Stelle über das aktuelle Zinsparadies für Kreditnehmer berichtet, wobei die Überschrift auch von einem Marktdilemma gesprochen hat [Blogeintrag vom 2.9.2016]. Erleben wir dieses Dilemma nun schneller als viele Marktteilnehmer glauben?

Inflationsanstieg

Wie denkt man allgemein? Aktuell wird davon gesprochen, dass die Wirtschaft zu langsam wächst und daher Inflation kein Thema ist. Die Zinsen können daher sehr lange Zeit sehr niedrig bleiben. Darauf stellen sich die Märkte ein. Es wird bereits von japanischen Verhältnissen in Europa gesprochen. Stehen nun doch wirkliche Überraschungen an? Es könnte sein, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rasch verschieben und die Phase geringer Inflation zu Ende geht. Im Ausblick des internationalen Währungsfonds, der kürzlich im Rahmen des jährlichen Meetings Anfang Oktober in Washington veröffentlicht wurde, geht man von einem --wenn auch verhaltenen-- aber dennoch deutlichen Anstieg der Inflationsraten in der Zukunft aus.

Steigen die Zinsen in den USA schneller als erwartet…

Haben wir es dabei mit einer Trendwende zu tun? Die zukünftigen Prognosen für den Anstieg der Verbraucherpreise in den entwickelten Märkten zeigen stark nach oben. In den Schwellenländern dagegen nach unten. Wesentlich für die zukünftige Inflation könnte auch die Entwicklung der Rohstoffpreise sein. Auf der Basis höherer Inflationserwartungen könnte der Zinsanstieg in den USA schneller erfolgen als bisher erwartet. Daraus kann sich auch für Europa eine neue Situation ergeben.

…und etwaige Folgen daraus für Europa…

Das würde dramatische Folgen für die Finanzierung von Staaten und öffentlichen Einrichtungen. Die Schulden der öffentlichen Hand haben eine enorme Höhe erreicht. Können die Zinsen dafür überhaupt noch bedient werden? Was machen Schuldner, die ihre Schulden variabel verzinst haben? Aus der Sicht von Kapitalanlegern und Investoren sind die Kurse von Anleihen als Folge der aktuellen Zinspolitik sehr hoch bewertet. Wie würde das nun verarbeitet werden? Auch aktuelle Wirtschaftskonflikte und ein mögliches Nichtzustandekommen von internationalen Freihandelsabkommen können einen Beitrag zu den oben erwähnten Überraschungen leisten. Die Weltwirtschaft wird eben wesentlich schlechter einschätzbar und evaluierbar – aber keine Sorge, das hatten wir auch schon in den 60-er und 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts. Können Sie sich noch an die Ölkrise und den autofreien Tag erinnern?
Über Heinz Hofstaetter

Heinz Hofstaetter ist seit 2016 Geschäftsführer der FRC-Finance & Risk Consult GmbH. Als Betriebswirt mit Abschluss an der Wirtschaftsuniversität Wien und als Bankkaufmann begann er seine berufliche Laufbahn bei KPMG in Frankfurt am Main in den Bereichen Industrie, Anlagenbau, Lebensmittel, Banken und Corporate Finance.

Es folgte der Einstieg in das Bank- und Kapitalmarktgeschäft bei der Bank Austria Investmentbank in Wien. Als langjähriger Prokurist und Vorstand der HYPO NOE im Bereich Finanzierung (Public Finance, Real Estate, Project Finance) mit einer Bilanzsumme von ca. 15 Mrd. und als Geschäftsführer von zwei Investmenthäusern in Österreich beschäftigte er sich intensiv mit den Themen Finanzierung und Kapitalmarktanlagen. Er war unter anderem verantwortlich für ein diversifiziertes Portfolio von Assets under Advisory von 6,5 Mrd. EUR in allen Vermögensklassen.

Darüber hinaus hat Herr Hofstaetter bis 2008 eine nachhaltige Verbriefungsplattform für langfristige Vermögenswerte aufgebaut. Das Setup einer Bewertungsplattform von 2009 bis 2015 für komplexe Finanzinstrumente in Frankfurt am Main rundet seine universelle Ausrichtung ab.